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Höhenprofil Tag 6
Höhenprofil Tag 6

Freitag, 30. Juli 2010

Tag 6: Mittelmeerluft

Trinità - Colle del Sabbione - Colle di Tenda - Fort Tabourde - Tende - La Brigue Streckenbeschreibung

Start: 09:00 Uhr - Stop: 18:00 Uhr - Kilometer: 43 km - Höhenmeter: +1600 hm / -1925 hm - Maximale Höhe: 2328 m - Schnitt: 7,8 km/h - Max: 46 km/h - Fahrzeit: 5½h (+1h) - Temperatur: 9 - 30 C°

Posto Tappa in Trinita (1096m)
Posto Tappa in Trinita (1096m)
Im Val del Sabbione
Im Val del Sabbione

Am Morgen regnet es zwar nicht mehr, richtig gutes Wetter sieht aber anders aus. Wolkenfetzen ziehen das Tal hinauf und es ist ziemlich kühl. 1300 hm liegen nun vor uns bis zum Col del Sabbione (2328 m). Auf guter Piste fahren wir zunächst noch ganz gemütlich bis zum Talende bei 1350 m. Dort beginnt der steile Weg das Val del Sabbione hinauf. Fiese Rampen und loses Geröll gestalten die ersten Meter nahezu unfahrbar. Der Weg wirkt sehr verfallen. Jenseits der Baumgrenze wird das Tal wieder etwas flacher und einige Abschnitte des nun zum Wiesentrail gewandelten Weges können gefahren werden. Dabei begleiten immer wieder lustige Steinmarkierungen den Pfad, der so ganz entfernt an eine Landebahn erinnert. Insgesamt verbringen wir aber mehr Zeit neben dem Rad als oben drauf und können entspannt die einzigartige Landschaft genießen. Gelegentlich mischen sich zwar einige Sonnenstrahlen zu den immer noch sehr dichten Wolken, aber oben am Col hängen weiter dichte Nebelschwaden. Die Wettersituation könnte jeden Moment kippen.

Aufstieg zum Colle del Sabbione
Aufstieg zum Colle del Sabbione
Lago della Vacca am Colle del Sabbione (2263m)
Lago della Vacca am Colle del Sabbione (2263m)
Blick zum Colle del Sabbione (2328m)
Blick zum Colle del Sabbione (2328m)

Auf 1900 m ist Schluss mit Schieben. Wieder mal landet das Bike auf dem Buckel. Im Zick-Zack stapfen wird durch dichtes Gestrüpp die Bergflanke hinauf. Ein paar Regentropfen mischen sich unter die Gebirgsluft. Trotz der Anstrengung muss ich das erste Mal die Regenjacke über die Windweste ziehen, es ist einfach zu kalt. Vom Gefrierpunkt sind wird aber zum Glück noch weit entfernt. Jeder hat nun seinen Tritt. Erst am Lago della Vacca (2163 m) kurz vor dem Col treffen wir uns wieder. Als idylische Badegumpe wurde mir dieser See beworben. Eine erfrischende Abkühlung wäre es auf jeden Fall, ragt doch auf der anderen Seite sogar noch ein Schneefeld ins Wasser. Neben dem See können wir kurz ein paar Steinböcke bestaunen. Unsere Gesellschaft gefällt ihnen aber offensichtlich nicht. So sind wir wieder alleine mit der Natur. Nun sind es keine 100 m mehr bis oben. Dieses Stück kann man zum Glück wieder Schieben. Hochalpines Gelände hin oder her, mit so viel Tragen hatte ich heute nicht mehr gerechnet. Die Wegewahl bereue ich aber kein Bisschen, das Tal ist wirklich schön. Und mit Marc und Thomas sind zum Glück zwei dabei, die das ebenfalls nicht so eng sehen. Kurz vor dem Col del Sabbione (2328 m) schaue ich mir noch einen Tunnel an, der zu einem Bunker oder Aufenthaltsraum führt. Die enge Röhre ist im fahlen Taschenlampenlicht aber ein wenig unheimlich und ich trete schnell den Rückzug an.

Im Mercantour Nationalpark
Im Mercantour Nationalpark
Verbindung zum Colle di Tenda (1871m)
Verbindung zum Colle di Tenda (1871m)

Am Col überqueren wir abermals die Grenze nach Frankreich. Dieses mal mit einem faden Beigeschmack. Wir stehen nämlich nun im Mercantour Nationalpark, was mit einigen Schildern überdeutlich klargestellt wird: keine Hunde, kein Zelten, kein Feuer, keine Musik und natürlich keine MTBs. Obwohl uns das Bike-Verbot absolut sinnlos erscheint, haben wir durchaus Respekt davor. Doch die Gegend ist so verlassen, dass es einfach idiotisch wäre, die Bikes über die Wiesen zu Schieben. So fahren wir etwas mulmig und wachsam auf schönem Wiesentrail dem Col di Tenda (1871 m) entgegen. Zwei Wanderer stören sich nicht weiter an uns. Die letzten Meter zum Pass führen dann wieder über einen legalen Höhenweg.

Am Pass wird es höchste Zeit für Nahrung. Wir rollen deshalb ein paar Meter zurück nach Italien und setzen uns auf die sonnige Terasse des Bergrestaurants. Der Hauch von Regen hat sich zum Glück verzogen. Bei Ravioli und Partymusik genießen wir die schöne Bergwelt. Da die heutige Tendapassstraße durch einen Tunnel führt, verlieren sich über die unzählbaren Kehren nur wenige Ausflügler mit Motorrädern oder Autos hier hoch. Die Gegend wirkt ein bisschen verloren. Hoch oben auf einer Kuppe thront über dem Pass das alte Fort Central, das wir uns nach dem Mittagessen ansehen wollen.

Fort Central am Colle di Tenda
Fort Central am Colle di Tenda
Fort Central am Colle di Tenda
Fort Central am Colle di Tenda
Fort Central am Colle di Tenda
Fort Central am Colle di Tenda

Das Fort liegt nicht direkt am Weg, wir müssen die Bikes also noch mal kurz rauf schieben. Es ist riesig. Nach einer Umrundung ist aber klar, so einfach kommt man gar nicht rein. Rund herum führt ein Graben und eine Brücke gibt es nicht mehr. An einer Stelle kann man mit etwas Schwung aber durch das Fenster klettern. Thomas macht es mir nach und wir erkunden zu zweit den verfallenen Komplex. Man muss sich immer wieder daran erinnern, dass nur wegen der militärischen Vergangenheit unserer Alpen überhaupt ein so dichtes und vor allem fahrbares Wegenetz existiert. Ausschließlich auf Wanderpfaden lässt sich halt kein Alpencross fahren.

Trail nach Tende
Trail nach Tende
Trail nach Tende
Trail nach Tende
Trail nach Tende
Trail nach Tende

Wir starten das Nachmittagsprogram und radeln ein kurzes Stück auf der ligurischen Kammstraße bis zum Fort Tabourde. Dort beginnt ein knapp 1000 hm langer Trail hinunter nach Tende (815 m). Bei der Planung der Tour hat er zum Teil den Ausschlag dafür gegeben, einen Abstecher ins Tal in Kauf zu nehmen und nicht die komplette Kammstraße bis zum Mittelmeer zu fahren. Die Erwartung ist also groß. Der Anfang des Weges ist erst mal enttäsuchend, steiles Geröll wechseln sich ab mit dichtem Gestrüpp. Doch dann wird er immer besser fahrbar. Leider tauchen wir schnell in den Wald ein und die Aussicht ist dahin. Der Trail erfordert aber sowieso volle Aufmerksamkeit. Immer wieder muss ich mal die Füße zu Hilfe nehmen. Ein echter Flowtrail ist es nicht. Zudem hängt der Weg ziemlich am Hang, was ich zunehmend unangenehm finde. Ein Ende ist erst mal nicht in Sicht. Ganz schön anstrengend. Die Konzentration leidet. Kurz vor Tende kippe ich im dichten Gestrüpp nach links von einem Mäuerchen. Kopfüber liege ich zwei Meter tiefer wie ein Käfer in den Büschen. Der Rucksack hat den Sturz gut aufgefangen. Das Rad liegt auf mir. Zum Glück war Thomas in meiner Nähe und kann mich aus der misslichen Lage befreien. Neben ein paar Kratzern musste vor allem Finger Nummer 2 ziemlich leiden.

Trail nach Tende
Trail nach Tende
Blick aus dem Hotelfenster in La Brigue (772m)
Blick aus dem Hotelfenster in La Brigue (772m)
Blick zum Monte Sacarello
Blick zum Monte Sacarello

Die letzten Trailmeter taste ich mich nur noch weiter, der Respekt ist jetzt groß. Als wir den Boden von Tende unter den Füßen haben, bin ich doch erleichtert. Insgesamt ein toller Trail. Wegen der Wurzelpassagen einer der schwierigsten der Tour, es fehlte teilweise der Flow, und die Aussicht war dürftig. Deshalb nicht mein Favorit, aber Kritik ist eigentlich unpassend. Von Tende bis zum Tagesziel La Brigue folgen wir ein kurzes Stück auf der Tendapassstraße dem Royatal bergab. Der warme Duft des Mittelmeeres bläst uns entgegen und verbreitet Finisherfeeling. Wir könnten auch direkt durchfahren bis zum Tourziel. Doch das machen wir natürlich nicht. Auf der Hauptstraße des Roiatals und ganz ohne Ligurischen Kamm soll die Tour nicht enden. In La Brigue checken wir im Hoteltipp des Mountainbike-Magazins ein. Genau wie die schmalen gammeligen Gassen des Ortes hat es die besseren Zeiten bereits hinter sich, ist aber ok. Verglichen mit den anderen Übernachtungen ist es dennoch die langweiligste Unterkunft.

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